Warum wir aktiv sind -
Hintergrund

Kurdistan, eine autonome Region im Nordirak, beherbergt die ethnische Minderheit der Kurden. Der Irak selbst ist ein Vielvölkerstaat, der eine Vielfalt von Ethnien und Religionen beheimatet. Innerhalb der autonomen Region Kurdistan hat die kurdische Regierung ein eigenes Territorium, in dem sie weitgehend unabhängig von der Zentralregierung des Irak agiert. Die meisten Kurden bekennen sich zum sunnitischen Islam. Zudem sind die Jesiden, eine kurdischsprachige Glaubensgemeinschaft, in der Region beheimatet und folgen dem Glauben des Jesidentums, der hauptsächlich in Syrien, dem Irak und der Türkei vertreten ist. Die kurdische Regierung verfügt über ein eigenes kurdisches Militär, die Peshmerga, das große Erfolge im Kampf gegen die islamistische Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) erzielen und die Terrorgruppe zurückdrängen konnte.

Der IS, eine Terrorgruppe aus sunnitisch-arabischen Extremisten, beherrschte von 2014 bis 2017 weite Gebiete im Irak, darunter die zweitgrößte Stadt Mossul. Zu den Opfern des IS gehören Jesiden, Christen, andere religiöse und ethnische Minderheiten sowie schiitische und sunnitische Muslime, die sich den Extremisten nicht anschließen wollten.

Am 03.08.2014 begann mit dem Massaker von Sindschar der 74. Genozid an den Jesiden. Tausende jesidische Männer wurden erschossen, während jesidische Frauen als Sklavinnen an IS-Kämpfer verkauft und vergewaltigt wurden. Die Jesiden, die entkommen konnten, flohen in ein Tal in den Bergen, wo sie von IS-Kämpfern eingekesselt waren. In der sengenden irakischen Sommerhitze und Temperaturen von über 40 Grad ging den vertriebenen Jesiden das Wasser und die Nahrung aus. Viele, darunter auch Kinder und alte Menschen, starben an Durst und Hunger. Viele jesidische Frauen, die verkauft wurden, befinden sich noch heute in Gefangenschaft des IS und gelten als vermisst.

Obwohl der IS seit 2017 im Irak territorial besiegt ist, operieren seine Kämpfer im Untergrund und verüben fast täglich kleinere Anschläge. Die vertriebenen Jesiden leben seit 2014 größtenteils in sogenannten IDP-Camps (Internally Displaced Persons), die im gesamten Irak existieren. Der Fokus unserer Arbeit liegt auf den Camps in Kurdistan-Irak. Im Laufe der Jahre haben sich die Menschen dort eingerichtet: Sie leben in Containern, vergleichbar mit denen, die in Europa auf Baustellen für die Unterbringung von Arbeitern verwendet werden, und haben innerhalb des Camps ihre eigenen kleinen Geschäfte und Schulen errichtet. Trotz der momentanen Abwesenheit einer akuten Bedrohung sind die Lebensbedingungen prekär. Kinder wachsen in perspektivlosen und einfachen Verhältnissen auf, geprägt von Traumata durch den Verlust ermordeter und verschleppter Familienmitglieder. Krieg und Genozid sind trauriger Teil ihrer Lebensrealität.